Dienstag, 14. Oktober 2014

Schlicht schlecht

Oder: Der minimale Unterschied

Hier haben gestern die Lehrveranstaltungen wieder begonnen. Erstis taumeln auf der Suche nach Hörsälen und Seminarräumen verloren durch die Uni. In vielen Fächern verbringen sie das erste Semester in Einführungsveranstaltungen, so auch bei uns in der Linguistik.

Ein Teilgebiet der Linguistik, das die Erstis im Laufe des Semesters kennen lernen werden, ist die Phonologie, die sich mit den „Eigenschaften, Relationen und Systemen“ (Bußmann 2008, 526) der Phoneme einer Sprache befasst. Ein Phonem ist die kleinste bedeutungsunterscheidende akustische Einheit – ändert sich durch den Austausch eines Lauts die Bedeutung eines Ausdrucks, so ist dieser Laut ein Phonem der betreffenden Sprache. Die beiden Ausdrücke bilden ein sogenanntes Minimalpaar.

Ein Beispiel:
[ma͜ʊs] und [la͜ʊs]

Die hier transkribierten Ausdrücke Maus und Laus bezeichnen verschiedene Dinge und unterscheiden sich nur in einem Laut – [m] bzw. [l]. [m] und [l] sind somit Phoneme der deutschen Sprache.

<Maus> und <Laus> bilden auch graphematisch ein Minimalpaar. Dies ist aber nicht Voraussetzung, wie <schon> und <Sohn> zeigen. Orthographisch geschrieben unterscheiden sie sich in mehr als einem Zeichen, doch phonologisch bilden 
[ʃoːn] und [zoːn] 
ein Minimalpaar. 

Ein anderes Minimalpaar ist mir begegnet, als ich in der Mittagspause in einem Werbeprospekt geblättert habe. Die Eleganz der betreffenden Küche soll wahrscheinlich [ʃlɪçt] sein, nicht [ʃlɛçt]


Genug gelacht? Ich jedenfalls fands witzig. Noch einmal zurück zu <schon> und <Sohn>. Dem Laut /ʃ/ ist im Deutschen nicht ein einzelner Buchstaben, sondern (in der Regel) die Buchstabenkombination <sch> zugeordnet. Andere Sprachen, deren Lautinventar ebenfalls /ʃ/ beinhaltet, geben den Laut anders wieder: Im Englischen findet sich häufig <sh>, selten <s> wie in <sugar> [ʃʊgɚ], und <tio> im Suffix {-tion}, während das Französische auf <ch> zurückgreift. Einige slawische Sprachen nutzen ein diakritisches Zeichen, den (oder das) Hatschek <š>.

Zum Schluss noch ein Tipp – wenn man selber etwas transkribieren möchte, aber wie ich zu faul ist, IPA-Zeichen mithilfe von Unicode einzugeben, kann man sich mit dem IPA Character Picker behelfen.

Auf die eckigen Klammern!

Bussmann, Hadumod (42008): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kröner.

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